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Ein Tschenrechner und ein Stift

Preisberechnung für verschreibungspflichtige Arzneimittel

Die Preise für verschreibungspflichtige Arzneimittel in Deutschland werden staatlich festgelegt. Festgeschrieben ist das Ganze in der Arzneimittelpreisverordnung (AmPVO). Und im Prinzip berechnet sich der Preis eines Arzneimittels recht einfach:

  • der Hersteller legt seinen Preis fest, den sogenannten „Hersteller-Abgabepreis“ (HAP)
  • der Großhandel darf auf diesen HAP dann 3,15% aufschlagen und erhält außerdem eine fixe Vergütung von 70 Cent 73 Cent. Dieser Aufschlag ist auf maximal € 37,80 begrenzt. D.h. ab einem HAP von € 1.200 erhöht sich die Vergütung für den Großhandel nicht mehr.
  • die Apotheke bezieht die Ware dann vom Großhandel und zahlt den „Apotheken-Einkaufspreis“ (AEK), also HAP + 3,15% + 0,70€. Als letzte Handelsstufe darf die Apotheke dann auf den AEK 3% aufschlagen und erhält zusätzliche eine fixe Vergütung von 8,35 €.
  • jetzt kommt auf diesen Preis noch ein Zuschlag von 0,21€ für die Sicherstellung des Notdienstes und 0,20€ für die Mitte 2022 eingeführten „pharmazeutische Dienstleistungen“. Diese Einnahmen bleiben nicht in der Apotheke, sondern sind ein durchlaufender Posten. Die Auszahlung erfolgt
  • auf den Endpreis wird dann noch Umsatzsteuer fällig. Der Apothekenverkaufspreis (AVP) ist dann also inklusive Mehrwertsteuer.

Um es ein bisschen deutlicher zu machen folgen ein paar Beispielrechnungen:

Abgabepreis Hersteller€ 0,01€ 5,00€ 50,00€ 100,00€ 1.000,00€ 10.000,00
variabler Großhandelsaufschlag€ 0,00€ 0,18€ 1,58€ 3,15€ 31,50€ 37,80
fixer Großhandelsaufschlag€ 0,73€ 0,73€ 0,73€ 0,73€ 0,73€ 0,73
Apotheken-Einkaufspreis€ 0,74€ 5,89€ 52,31€ 103,88€ 1.032,23€ 10.038,53
variabler Apothekenaufschlag€ 0,02€ 0,18€ 1,57€ 3,12€ 30,97€ 301,16
fixer Apothekenaufschlag€ 8,35€ 8,35€ 8,35€ 8,35€ 8,35€ 8,35
Apothekenhonorar gesamt€ 8,37€ 8,53€ 9,92€ 11,47€ 39,32€ 309,51
Nacht- und Notdienstfonds€ 0,21€ 0,21€ 0,21€ 0,21€ 0,21€ 0,21
pharmazeutische Dienstleistungen€ 0,20€ 0,20€ 0,20€ 0,20€ 0,20€ 0,20
Apotheken-Verkaufspreis netto€ 9,52€ 14,82€ 62,63€ 115,76€ 1.071,96€ 10.348,45
Umsatzsteuer€ 1,81€ 2,82€ 11,90€ 21,99€ 203,67€ 1.966,20
Apotheken-Verkaufspreis brutto€ 11,33€ 17,64€ 74,53€ 137,75€ 1.274,63€ 12.314,65
Beispiele für Arzneimittelpreise und wie sie zustande kommen. Stand: 12/2023

Man kann aus der Tabelle leicht erkennen, dass der Staat über die Umsatzsteuer ab einem Verkaufspreis von ca. 50 Euro das selbe „verdient“ wie die Apotheke. Darüber ist das „Honorar“ des Staates höher als das der Apotheken. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Ich habe geschrieben, dass die Berechnung des Arzneimittelpreises „im Prinzip“ einfach ist. Gäbe es da nicht noch ein paar Sonderregeln, die den gesetzlichen Krankenkassen zum Sparen verhelfen sollen:

  • Die Hersteller müssen den Krankenkassen einen Rabatt gewähren. Die Höhe des Rabatts ist abhängig von der Art des Arzneimittels (Originalprodukt, Generikum) und seinem Preis (über oder unter dem „Festbetrag“). Dieser wird aber nicht direkt vom Hersteller an die Krankenkasse bezahlt, sondern wird über die Apotheken abgewickelt. Diese bezahlen den Abschlag an die Krankenkasse und fordern ihn dann vom Hersteller zurück.
  • die Apotheken müssen pro Packung einen Rabatt von derzeit € 1,77 inklusive Mehrwertsteuer bezahlen. Der Abschlag ist gesetzlich festgelegt. Ab dem 01.02.2023 steigt dieser Rabatt auf insgesamt 2 Euro brutto. Diese Erhöhung soll zeitlich begrenzt sein und gilt als „Sonderopfer“ der Apothekerschaft zur Entlastung der gesetzlichen Krankenkassen (siehe auch den Artikel „Apotheken sollen aus Fairness sparen„).
  • außerdem gibt es seit April 2007 die sogenannten „Rabattverträge„. Diese Verträge werden zwischen einer Krankenkasse und einem oder mehreren Herstellern geschlossen. Kasse und Hersteller vereinbaren einen Rabatt auf den Arzneimittelpreis. Wie hoch dieser Rabatt ist, bleibt ein Geheimnis zwischen den beiden Parteien. Die gelackmeierten sind zum Einen die Mitarbeiter in der Apotheke, zum Anderen die Patienten. Denn wir sind vertraglich gezwungen die Verträge, die uns überhaupt nichts bringen, umzusetzen. Hierüber schreibe ich bestimmt noch einen eigenen Artikel, denn diese Materie ist so komplex, dass auch die heilberuflichen Kollegen aus der Ärzteschaft manchmal den Durchblick verlieren.

Auch wenn der Herstellerrabatt nur ein durchlaufender Posten für die Apotheken ist, besteht das Risiko, dass ein Hersteller insolvent wird und die Apotheke dann auf dem bereits gezahlten Rabatt sitzen bleibt. Das ist in den letzten Jahren durchaus passiert. Gerade vor Kurzm kam es wieder zu einem neuen Fall. Aus diesem Grund versucht ein Kollege per Petitionsausschuss das Inkassorisiko von den Apotheken auf die eigentlichen Profiteure – die Krankenkassen- zu verlagern.

Der „Apothekenabschlag“ schlägt dagegen voll auf den Ertrag einer Apotheke durch. Die 1,77€ sind inklusive Mehrwertsteuer. Netto sind es 1,49€. Dadurch schmälert sich das Fixhonorar der Apotheke von 8,35€ auf 6,86€. Ab dem 1. Februar 2023 sinkt das Honorar durch die Erhöhung des Abschlags dann nochmal um 19 Cent (2 Euro brutto = 1,68 Euro netto). Diese Honorarkürzung kombiniert mit den erhöhten Kosten durch die Inflation könnte ein weiterer Katalysator für das Apothekensterben sein.

Update (21.12.2023): das Großhandels-Fixum wurde am 01.09.2023 um 3 Cent auf ingesamt 73 Cent erhöht. Die Tabelle wurde von mir entsprechend angepasst.

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