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rotes T-Shirt vor schwarzem Hintergrund

Warum mein Team und ich nächste Woche nicht „rot“ sehen

Die ABDA ruft alle Apothekenteams in der kommenden Woche dazu auf im roten T-Shirt zu bedienen um auf die schwierige Lage der deutschen Apotheke aufmerksam zu machen. Und obwohl ich in Kammer und Verband aktiv bin habe ich mich gegen eine Teilnahme an der Aktion „Wir sehen rot.“ entschieden. Auch meine Mitarbeiterinnen sind nicht von der Aktion überzeugt und so werden wir unsere Kund:innen in der kommenden Woche in unserem üblichen Outfit (Kittel bzw. blaue Fleecejacke) bedienen. Aber: wir werden Trauerbinden am Arm tragen und auf die Aktion damit aufmerksam machen.

Und wenn ich der Meinung bin, dass die ABDA nicht in unserem Sinn handelt, schreibe ich inzwischen an meine Mitgliedsorganisationen, die in der ABDA vertreten sind. Und ich stelle Fragen:

  • Wie passt die Aktion zur Eskalationsstrategie? Nach den Protesten im November ist das ja eher ein Schritt zurück (wir erinnern uns escalare kommt aus dem Lateinischen und bedeutet steigern, verschärfen, ausweiten).
  • Welche Außenwirkung soll die Aktion haben?
  • Wer soll angesprochen werden? Wen wollen wir mit einer solchen Aktion erreichen? Sowohl Gesundheitsminister als auch Bundeskanzler und die gesamte Ampel waren bisher auf allen Ohren taub. Egal wie gut unsere Argumente sind oder waren.
  • Warum rot, die Farbe der SPD und nicht schwarz, die Farbe der Trauer oder ein Trauerflor wie beim Fußball?
  • Warum erfolgt diese Aktion so kurzfristig? Eine Woche Vorlauf ist wirklich knapp und spricht mehr für Aktionismus als für Strategie.
  • Warum glaubt die ABDA, dass ein erneutes Statement von unseren Patienten den Herrn Gesundheitsminister jetzt beeindruckt? Bisher war er komplett „beratungsresistent“.

Bisher gab es zwei Reaktionen: ein Kollege aus dem Vorstand hat mir zugestimmt, ein anderer Kollege war der Meinung, dass die Aktion wirklich gut sei. Es steht also 50:50 in der Meinung der Kammer- und Verbandsvorstände.

Wie seht ihr die Aktion? Ich freue mich auf eure Kommentare!

Update (20.04.24): gestern Nachmittag hat unser LAV auf ein Video-Statement der ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening hingewiesen. Auch eine Antwort aus dem Kammervorstand hat mir dieses Video empfohlen.

ABDA-Präsidentin erklärt Protestaktion „Wir sehen rot.“

Ich sehe es auch nach dem Anschauen des Videos aber anders als die ABDA-Spitze. Wir müssen die Bevölkerung nicht weiter aufklären. Unsere Kundinnen und Kunden wissen was wir jeden Tag leisten und die meisten von ihnen wollen uns auch unterstützen. Hier müssen wir keine weitere Arbeit leisten, außer jeden Tag unser Bestes im Sinne der Patient:innen zu geben. Das tun wir bereits.

Und ja, Wut ist kein guter Ratgeber. Aber: in der heutigen Medienlandschaft ist es eben so, dass der, der am Lautesten brüllt, am weitesten kommt. Das zeigt uns z.B. ein Herr Weselsky. Natürlich haben wir Inhaber:innen noch ein ganz anderes Problem: wir sind eben keine Angestellten eines Konzerns, sondern wir müssen unser Geld täglich selbst erwirtschaften. Von daher sind Streiks für uns kontraproduktiv und werden deshalb ja auch „Protest“ genannt. Und wir haben natürlich das Problem der Konkurrenz, sei es vor Ort oder online. Wie oft habe ich von Kollegen gehört „Ich mache nicht zu, weil der Kollege XY um die Ecke auch nicht schließt.“. Frau Overwiening ruft erneut zu Geschlossenheit auf. Das ist nett, hilft uns aber nicht weiter. Außerdem kündigt sie weitere „schärfste Maßnahmen“ an, ohne zu verraten was das sein soll. Aus strategischer Sicht kann ich das verstehen. Aber es motiviert eben nicht zur Teilnahme bei der roten T-Shirt-Aktion. Es enttäuscht.

Ein Kommentar

  1. Vielen Dank für Deinen öffentlichen Beitrag.
    Auch wir haben im Team über die Aktion gesprochen. Das Plakat ist im Gehwegaufsteller auf passendem rotem Untergrund veröffentlicht.
    Rote Oberbekleidung möchte keiner aus dem Team und ich auch nicht tragen.
    Wir haben seit Monaten Protestplakate im
    Schaufenster. Es wurden immer wieder Gespräche mit Abgeordneten des Landes, Bundes und mit unserem Landrat geführt, Beiträge in der Lokal- und Landespresse sowie Regional-Fernsehen geschaltet, Interviews gegeben, Briefe und Mails geschrieben. Ich habe mich im letzten Jahr an 4 Protestaktionen beteiligt, davon 3 x meine Apotheke geschlossen gehalten, mindestens 50 „Letzte Kittel“ und mehrere tausend Protestkarten meiner Patienten, Kunden, Passanten an Herrn Gesundheitsminister Lauterbach geschickt, mich an Herrn Bundespräsident Steinmeier, an den Bundeskanzler Scholz gewendet… Ich bin alle politischen Wege gegangen, um unsere Probleme der Apotheken vor Ort anzubringen, Lösungen bzw. Ideen, Vorschläge zu unterbreiten.
    Wir sind an einem Punkt angekommen, dass nette Gespräche und Verständnis nicht mehr weiter helfen und auch keine roten Oberteile, leider…

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