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Ein Kiosk in Varmland

Die neueste Innovation unseres Gesundheitsministers

Weil die medizinische Versorgung in einigen Bereichen immer schlechter wird, was an den sinkenden Praxiszahlen liegt, hat unser Bundesgesundheitsminister eine neue Idee ins Spiel gebracht: Gesundheitskioske. Was das sein soll und warum ich das für eine unsinnige Idee halte, erkläre ich in diesem Beitrag.

Bisher gab es die Lotsen (Hausärzte), die Wegweiser (Apotheken) und die Einweiser (Leitstellen) im Gesundheitssystem. An all diesen Punkten fehlt derzeit Personal. Das verursacht in bestimmten Gebieten eine Unterversorgung im Gesundheitswesen. Statt die bestehenden Strukturen besser auszustatten (ja, es geht um das liebe Geld), werden Parallelstrukturen geschaffen. Bezahlt von den Krankenkassen und den Kommunen. Würde man das Geld, das in diese neue Infrastruktur gesteckt wird, in die bestehende Struktur investieren, wären die Kioske überhaupt nicht notwendig.

Das noch flächendeckende Netz der Apotheken ist unheimlich leistungsfähig: die Versorgung mit Arzneimitteln funktioniert schnell und wenn es sein muss bis zum Patientenbett (Stichwort „Lieferdienst“). Durch die Pandemie hat sich das Leistungsspektrum vieler Apotheken erweitert: sie bieten Tests an und können sogar impfen. Das ließe sich leicht ausbauen. Warum denn nur gegen Corona und Grippe impfen? Und warum nicht auch auf andere Infektionskrankheiten testen und dann -natürlich zusammen mit dem Arzt aus der Nachbarschaft- entscheiden welche Medikamente es gibt? Neue pharmazeutische Dienstleistungen wurden etabliert. Auch hier könnte das Spektrum erweitert werden, was den Lauterbachschen Kiosk überflüssig machen würde. Und wenn die Menschen nicht zu uns kommen, könnten wir auch zu den Menschen kommen. Wozu ein Paralleluniversum, wenn man die bisherige Erde nur vernünftig beackern müsste statt sie zu verbrennen?

Daneben stellt sich noch das Problem der Personalknappheit: sowohl Apotheken als auch Ärzte, Pflegeheime und das Rettungswesen leiden darunter. Wird hier Personal abgezogen um es in Gesundheitskiosken anzustellen? Sind das dann die begehrten „nine to five“-Jobs, die möglicherweise sogar aus dem Homeoffice erledigt werden können?

Minister Lauterbach hat jüngst einige Sparmaßnahmen im gesamten Gesundheitsbereich ausgerufen und möchte „Effizienzreserven“ heben. Wie steht es um die Effizienz der Kioske? Wird da vielleicht bei den derzeitigen Leistungserbringern etwas weggenommen um etwas völlig unsinniges zu finanzieren?

Welche Zuständigkeiten hat ein Gesundheitskiosk? Wird der Patient dann vom Kiosk zum Arzt oder zur Apotheke geschickt ohne dass ihm wirklich geholfen wird? Wozu dieser Zwischenschritt? Cui bono?

Das Geld, das in die Gesundheitskioske investiert werden soll, fehlt dann im restlichen Gesundheitswesen. Damit können die bestehenden Strukturen (Arztpraxen, Apotheken, Pflege- und Rettungsdienste, Pflegeheime etc.) nicht mehr ihre Arbeit leisten. Es entsteht eine Lücke und die Versorung wird eher schlechter als besser.

Ich werde die Entwicklung, die sich Minister Lauterbach vorstellt, nicht aufhalten können. Aber es zeigt, dass es in der Politik mehr um Aktionismus als um die Sache geht und jeder von uns kann seine Schlüsse daraus ziehen.