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Rabatte, Rabatte, Rabatte

Das Skonto-Urteil ist ein Brandbeschleuniger für das Apothekensterben

Apotheken sterben leise. Das war und ist schon immer so. Und in den Ballungsgebieten fällt es auch kaum auf. Schließlich bleiben ausreichend Abgabestellen für Arzneimittel übrig. Auf dem Land sieht das schon anders aus und die Fahrstrecken für die Patient:innen werden durch die Schließung einer Apotheke deutlich erhöht. Besonders im Notdienst trifft das Eltern von kleinen Kindern, aber auch Senioren, die vielleicht nicht mehr so mobil sind.

Ende 2023 gab es ein Gerichtsurteil, das die Branche inzwischen stark beschäftigt. Es war der Bundesgerichtshof, der in letzter Instanz von der Wettbewerbszentrale angerufen wurde um gegen das Skonto eines Spezialgroßhandels für hochpreisige Arzneimittel vorzugehen. Mit dem gewährten Skonto würde der Großhandel gegen die Arzneimittelpreisverordnung verstoßen, die Rabatte bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln verbietet.

Mit Spannung haben alle Marktteilnehmer die Begründung des Urteils erwartet, die jetzt vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde.

Worum ging es?

Um das Urteil zu verstehen, muss man die Berechnung des Apotheken-Einkaufspreises kennen. Dieser berechnet sich wie folgt:

Einkaufspreis des Großhandels1 + 3,05% + 0,73 Cent

Bis zum BGH-Urteil gab es für Apotheken vom Großhandel sowohl einen verhandelbaren Rabatt, als auch ein ebenfalls verhandelbares Skonto für frühzeitige Zahlung.

Apotheken, die gut verhandelt haben, konnten für verschreibungspflichtige Medikamente, die weniger als 1238,50 Euro im Einkauf kosten2, sowohl die 3,05% des Großhandels-Aufschlags plus ein Skonto von bis zu 3% erzielen. Schon immer nicht erlaubt war ein Rabatt auf die Logistik-Komponente von 73 Cent pro verschreibungspflichtiger Packung.

Der BGH hat diese Verhandlungsmöglichkeit jetzt begrenzt und festgestellt, dass der Rabatt inklusive Skonto nicht mehr als die Marge des Großhandels von 3,.05% betragen darf. Damit wird der Ertrag von Apotheken, die z.B. auf Grund ihrer Größe einen Rabatt von 6,05% (3,05% Großhandelsmarge plus 3% Skonto) erhielten quasi halbiert. Geht man von einer durchschnittlichen Apotheke mit einem Umsatz von 3,5 Mllionen Euro aus, die 80% ihres Umsatzes mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erzielt, verringert sich der Rabatt um ca. 17.000 Euro pro Jahr. Das wirkt sich direkt auf den Rohertrag der Apotheke aus.

Da der Rohertrag maßgeblich für das Betriebsergebnis einer Apotheke ist, sinkt dieses Ergebnis ebenfalls um 17.000 Euro, wenn die Kosten (Personal, Miete, Zinsen, Werbung, etc.) konstant bleiben.

Die ersten Großhändler haben bereits angekündigt das Urteil ab Juni umzusetzen. Sie haben das Skonto ab dem 01.06. auf 0% gesetzt. Gerade für Apotheken, die auf Grund ihrer Größe ein hohes Skonto verhandeln konnten, ist der Verlust desselben ein ernsthaftes Problem. Und gerade die gut laufenden Apotheken haben oft hohe Kosten bei Miete und Personal und können den Skontoverlust kaum kompensieren.

Insgesamt wird das „Skonto-Urteil“ auf alle Apotheken Auswirkungen haben. Bei einigen mehr, bei anderen weniger. Aber: es trifft jede Apotheke. Und das in Zeiten, in denen Apotheken mit steigenden Kosten und einem seit 20 Jahren stagnierenden Honorar zu kämpfen haben. Von daher vermute ich, dass das Urteil ein Brandbeschleuniger für Apotheken sein wird, die bereits jetzt kaum noch Geld, d.h. ein Betriebsergebnis von weniger als 75.000 Euro verdienen. Immerhin ist das bei gut 30% der Inhaberinnen und Inhaber der Fall (Quelle: Apothekenwirtschaftsbericht 2024, Folie 91). Und immer daran denken: das Betriebsergebnis ist kein Einkommen! Von diesem Betrag gehen noch Steuern, Kranken- und Rentenversicherungen und Investitionen für die Apotheke ab.

Alles in allem verschlechtert das BGH-Urteil zum Skonto die wirtschaftliche Lage der Apotheken in Deutschland weiterhin. Damit ist der Verkauf aber auch der Betrieb einer Apotheke noch schwieriger und die Gefahr, dass Apotheken mangels Nachfolger schließen, erhöht sich deutlich.


1: sog. Hersteller-Abgabepreis (HAP)

2: bei 1238,50 Euro beginnen die sogenannten „Hochpreiser“ und der Aufschlag für den Großhandel wird auf 37,80 Euro „gedeckelt“. Die Hochpreiser wurden schon immmer mit maximal ca. 35 Euro rabattiert. Eine Skontierung war möglich, aber nicht üblich und meist gedeckelt auf 1,5%.