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Karl Lauterbach als "Terminator" der deutschen Apotheken

Schämen Sie sich, Herr Prof. Dr. Karl Lauterbach!

Am 14. September, also vor nur ein paar Tagen, gab es im ARD-Morgenmagazin einen Beitrag zu den Lieferengpässen bei Arzneimitteln, mit denen alle Mitarbeiterinnen in den Apotheken seit mehreren Jahren zu kämpfen haben.

In dem Beitrag kam auch unser derzeitiger Gesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach zu Wort. Und er tat etwas, das ich als absolutes „no-go“ empfinde: er vermischte die -in meinen Augen- berechtigte Forderung der deutschen Apothekerschaft mit den Lieferengpässen, mit denen wir seit Jahren kämpfen.

Auf die Sachkritik des Vorsitzenden des Apothekerverbandes Nordrhein, Herrn Thomas Preis, an dem von Lauterbach zu verantwortenden „ALBVVG“ führte er folgendes aus:

Nein, die Apotheker kämpfen derzeit für eine Honorarerhöhung. Die Apotheker sind ja schon im Streik gewesen, sind also im Kittel vorm Haus und so. Aber man darf diese Dinge nicht vermengen. Man darf nicht den Kampf für eine bessere Bezahlung führen, indem man Mütter und Kinder verunsichert. Das halte ich nicht für eine gute Vorgehensweise.

Prof. Dr. Karl Lauterbach am 14.09.2023 im ARD Morgenmagazin

Diese Vermischung von Honorardiskussion und Medikamentenknappheit ist ein Schlag ins Gesicht der deutschen Apotheken und deren Mitarbeiterinnen. Es ist eine Grenzübertretung. Populismus pur. Und nicht nur ich, auch meine Mitarbeiterinnen und zahlreiche Kollegen empfinden diese Aussage als unberechtigte Ohrfeige.

Nach diesem Statement setzte Herr Prof. Dr. Lauterbach noch einen drauf und schürte die Neiddebatte. Ich zitiere erneut:

Aber Honorarkämpfe, für bessere Bezahlung bei Leuten die im Vergleich zum Bürger gut bezahlt werden, indem man die Menschen verunsichert, gerade Mütter und Väter, das ist nicht richtig.

Prof. Dr. Karl Lauterbach am 14.09.2023 im ARD Morgenmagazin

Diese Aussage ist in meinen Augen eine absolute Frechheit! Denn das Honorar der deutschen Apotheken, stagniert seit über 10 Jahren. Die letzte Erhöhung gab es 2013. von € 8,10 (seit 2004) auf € 8,35. In der Zwischenzeit sind die Kosten in den Apotheken explodiert:

  • berechtigte(!) höhere Gehälter für unsere Angestellten
  • gestiegene Kosten in allen Bereichen (Miete, Software, Nebenkosten, Datenschutz, Präqualifizierung, Steuerberater, Apothekerkammer, Apothekerverband, Versicherungen, und und und)
  • und zu guter Letzt eine Kürzung unseres Honorars durch eine Erhöhung des sogenannten „Kassenabschlags“ auf 2 Euro (brutto) seit dem 01.02.2023

Immer weniger Kolleginnen und Kollegen haben Lust sich selbstständig zu machen. Die Zahl der Apotheken schrumpft seit Jahren. Ja, es gab Zeiten, da hat man mit einer Apotheke ohne großen Aufwand gutes Geld verdienen können. Diese Zeiten sind aber nicht erst seit der Inflation vorbei! Selbst bei wirtschaftlich gesunden Apotheken wird es immer schwieriger eine Nachfolge zu finden. Und laut Treuhand Hannover, einer Steuerberatergesellschaft, die überwiegend Apotheker:innen als Mandanten hat, geht man davon aus, dass jede 10. Apotheke rote Zahlen schreibt. Jede 3. Apotheke ist wirtschaftlich gefährdet.

Ich zitiere meinen geschätzten Kölner Kollegen Dirk Vongher, der auf der Plattform LinkedIn treffend formuliert hat:

Was wir wirklich machen? Wir reißen uns jeden Tag und jede Nacht, den Allerwertesten auf, um die jahrzehntelange, selbst durch Krankenkassen und Politik verursachte Arzneimittelknappheit, in irgendeiner Form so abzufangen, dass unsere Patient:innen davon so wenig wie möglich beeinträchtigt und dennoch versorgt werden.

Einfach nur ein Gesetz zu verabschieden und glauben, dass man damit die Versäumnisse der letzten zwei Jahrzehnte aufholen kann, ist mehr als gewagt.

Der Gesundheitsminister hat in diesem ARD Interview ganz bewusst diese beiden Dinge vermischt und versucht uns nun in die Rolle „denen geht es besser als den meisten Bürgern“ zu drängen.

𝐒𝐢𝐞 𝐬𝐨𝐥𝐥𝐭𝐞𝐧 𝐬𝐢𝐜𝐡 𝐬𝐜𝐡ä𝐦𝐞𝐧 𝐇𝐞𝐫𝐫 𝐏𝐫𝐨𝐟𝐞𝐬𝐬𝐨𝐫 𝐊𝐚𝐫𝐥 𝐋𝐚𝐮𝐭𝐞𝐫𝐛𝐚𝐜𝐡!

Warum schliesst denn jeden Tag eine Apotheke in Deutschland? Nicht weil wir es so dicke haben, sondern weil die Kolleg:innen einfach nicht mehr können, die Kosten seit Jahren steigen und eine Honoraranpassung längst überfällig ist!

Dass wir eine essentielle und unverzichtbare Säule unseres Gesundheitssystems sind, wird natürlich gerne unter den Teppich gekehrt. In Pandemiezeiten waren wir gut genug, um für eine überforderte Bundesregierung die Kohlen aus dem Feuer zu holen. Mit warmen Worten und feuchten Handschlägen, können wir aber unsere hochqualifizierten Mitarbeiter:innen nicht vernünftig bezahlen.

Wir wollen niemanden verunsichern, im Gegenteil, wir versuchen Hamsterkäufe bei unseren Patient:innen zu vermeiden, weil wir natürlich immer die versorgen wollen und müssen, die jetzt akut ein Problem haben – Wer ist eigentlich auf die wahnsinnige Idee gekommen öffentlich zu sagen, dass sich junge Familien mit Antibiotika für 1! Tag bevorraten sollen? –

Apotheker Dirk Vongher auf LinkedIn

Dem kann ich nichts hinzufügen. Meiner Mitarbeiterinnen und ich sind täglich dabei nicht lieferbare Arzneimittel zu beschaffen oder, wenn das nicht möglich ist, Lösungen für unsere Patienten zu finden. In der vergangenen Erkältungssaison haben wir Paracetamol- und Antibiotika-Säfte hergestellt, um unsere kleinen Patienten zu versorgen. Das ist aufwändig und kostet Zeit.

Wir machen das gerne! Denn auch wenn eine Apotheke für mich als Inhaber ein betriebswirtschaftlich sinnvolles Ergebnis erzielen muss, ist sie nicht so profitgetrieben wie es bei zahlreichen Aktiengesellschaften der Fall ist. Ja, das Risiko der Selbstständigkeit muss bezahlt werden. Und es müssen Investitionen in die Zukunft möglich sein. Genau das verhindern die aktuellen Spargesetze und genau das ist der Grund warum junge Kolleginnen und Kollegen keine Lust mehr haben eine gut laufende Apotheke zu übernehmen.

Die Diskussion um die Lieferengpässe mit den Honorarforderungen der deutschen Apothekerschaft zu vermischen ist unlauter. Sie sollten sich schämen, Herr Prof. Dr. Karl Lauterbach!

Bildquelle: „Terminator-Karl“ mit freundlicher Genehmigung von Christian Dahlem.