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Lauterbachs Honorarerhöhung ist eine versteckte Kürzung

Gestern hat unser Gesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach seine Pläne zur geplanten Apothekenreform konkretisiert. Und wie es bei ihm üblich ist, macht er das nicht zusammen mit den Gruppen, die es betrifft, sondern er nutzt die Presse. In diesem Fall das Handelsblatt. Immerhin hat er parallel mit unserer „obersten Heeresleitung“ gesprochen, die zwar nicht ganz mit seinen Plänen einverstanden ist, aber zumindest Hoffnung hat, dass ein Teil unserer Sorgen durch die Reform gelöst wird.

Einer der Punkte, die Lauterbach angehen möchte, ist das Apothekenhonorar, das seit fast 20 Jahren so gut wie unverändert blieb. Dieses Honorar liegt seit 2004 bei 8,10 Euro, im Jahr 2013 gab es eine Anpassung auf 8,35 Euro. Das ist eine Steigerung um 3% in 20 Jahren. Zum Vergleich: die Inflationsrate ist in den 20 Jahren um ca. 30% gestiegen (Quelle: finanz-tools.de). Hätte man unser Honorar jedes Jahr an die Inflation angepasst, läge es 2023 bei 11,65 Euro. Tatsächlich erhalten wir nach wie vor die 8,35 Euro wie vor 10 Jahren.

Lauterbach schlägt nun vor das Honorar in zwei Schritten á 19 um insgesamt 38 Cent(!) zu erhöhen. Das alleine zeigt schon wie lächerlich diese Anpassung ist. Aber: er geht noch weiter und möchte die 3% Aufschlag, die wir auf unseren Einkaufspreis erhalten, auf 2% absenken. Damit sollen die Krankenkassen insbesondere bei teuren Arzneimitteln entlastet werden. Wer sich nochmal anschauen möchte wie die Preisberechnung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln aussieht, kann das hier nachlesen.

Das Handelsblatt schreibt:

Besonders lukrativ ist also die Abgabe von teuren Arzneimitteln wie bestimmte Krebsmedikamente, die mehrere Tausend Euro kosten können.

Handelsblatt vom 20.12.2023

Wenn man sich meine Berechnungen anschaut, darf man sicher die Frage stellen, was das Handelsblatt als „lukrativ“ ansieht. Denn bei einem Apotheken-Einkaufspreis von 1.000 Euro liegt das Apothekenhonorar bei 39,32 Euro. Der Staat erhält bei diesem Einkaufspreis über die Umsatzsteuer gute 200 Euro. Wer profitiert also mehr?

Nun gut, zurück zu den Honorar-Ideen von Lauterbach. Rechnen wir doch mal wie das neue und angeblich höhere Honorar in Wirklichkeit aussieht. Im ersten Schritt wird das Honorar um 19 Cent erhöht, d.h. es beträgt 8,54 Euro:

AEK3% Aufschlag2% AufschlagHonorar altHonorar neuDelta
€ 1,00€ 0,03€ 0,02€ 8,38€ 8,56+ € 0,18
€ 10,00€ 0,30€ 0,20€ 8,65€ 8,74+ € 0,09
€ 19,83€ 0,59€ 0,40€ 8,94€ 8,94+/- € 0,00
€ 50,00€ 1,50€ 1,00€ 9,85€ 9,54– € 0,31
€ 100,00€ 3,00€ 2,00€ 11,35€ 10,54– € 0,81
€ 500,00€ 15,00€ 10,00€ 23,35€ 18,54– € 4,81
€ 1.000,00€ 30,00€ 20,00€ 38,35€ 28,54– € 9,81
€ 1.238,50€ 37,16€ 24,77€ 45,51€ 33,31– € 12,20
€ 5.000,00€ 150,00€ 100,00€ 158,35€ 105,54– € 49,81
Auswirkungen der Absenkung des variablen Apothekenhonorars

Wie man deutlich sieht, „kippt“ das Honorar bereits bei einem Einkaufspreis von etwas unter 20 Euro. Laut meiner Abrechnungsstatistik liegt der durchschnittliche Packungspreis in Baden-Württemberg bei 86,30 Euro. Das bedeutet eine Verringerung des Honorars um 0,67 Euro pro Packung. Bei ca. 33.500 Packungen pro Jahr bedeutet das einen Ertragsverlust von 22.445 Euro pro Apotheke. Natürlich sind das Durchschnittszahlen und die Realität wird anders aussehen. Aber: entgegen der Lauterbachschen Aussagen wird unser Honorar eben nicht erhöht, sondern flächendeckend gekürzt! An einen Inflationsausgleich denke ich jetzt mal gar nicht. Und ja, ich habe nur die 1. Stufe seiner Pläne berechnet. Aber auch in der vollen Ausbaustufe mit der Erhöhung um weitere 19 Cent auf dann sage und schreibe 8,73 Euro wird es nicht besser. Der Kipppunkt verschiebt sich nur etwas nach oben auf 38,49 Euro. Auch hier bleibt ein Delta von dann noch 48 Cent.

Und nun? Ich kann nur hoffen, dass unsere Verbände und auch die ABDA hart bleiben. Die Lokführer, aber auch die Ärzte machen uns vor wie man richtig streikt. Und nach den bisherigen Maßnahmen im Juni und November scheint eine härtere Gangart angebracht zu sein, wenn wir unsere bisherige Apothekenlandschaft erhalten wollen.

Auf die übrigen Ideen bezüglich Pseudo-Apotheken bin ich jetzt gar nicht eingegangen. Das ist in meinen Augen nicht so wichtig wie der dringend notwendige Inflationsausgleich für das Apothekenhonorar.